Innovation Wir haben in Europa hervorragende wissenschaliche und technologische Forschungszentren, und das müssen wir uns zunutze machen. Aber wir müssen uns beeilen.» Christophe Ballif, Direktor des CSEM Das energiereichste Licht wird im Perows- kit und das infrarote Licht im Silizium ab- sorbiert. Und noch ein Vorteil: Perowskit kann leicht aus reichlich vorhandenen Materialien synthetisiert werden, es be- steht also kein Versorgungsrisiko. Wie weit kann die Lichtausbeute gestei- gert werden? Durch die Kombination von Materialien wie Galliumarsenid (GaAs) können drei, vier, fünf oder sogar sechs Solarzellen übereinander angeordnet werden, so dass Wirkungsgrade von über 38 Prozent erreicht werden können. Diese Materia- lien und ihre Abscheidungstechniken sind jedoch sehr teuer, in der Regel um den Faktor Tausend im Vergleich zu einer Siliziumzelle. Heute werden sie haupt- sächlich im Weltraum oder für militärische Anwendungen, etwa Drohnen, eingesetzt. Wird es möglich sein, Solarstrom im Weltraum zu erzeugen? Ja, es gibt die Vision, riesige Solarstatio- nen im Weltraum zu installieren, die Elek- trizität in Mikrowellen umzuwandeln und den Strom rund um die Uhr auf die Erde zu beamen. Es liegen aber noch unzäh- lige technische Herausforderungen vor uns, um dies zu verwirklichen! Zurück zur Erde. In vielen Regionen Mitteleuropas kann die Solarenergie den Energiebedarf im Sommer decken, aber nicht im Winter. Was tun? Auch wenn wir im Sommer mehr Sonne haben, kann man im Winter doch eine Menge Solarenergie erzeugen. Es spricht nichts dagegen, mehr Solaranlagen zu in- stallieren, um im Winter mehr Energie zu haben sowie die Produktion im Sommer zu drosseln oder sie zur Herstellung von Chemikalien zu verwenden. Wir haben genügend Platz für die Solarenergie, die So sieht sie also aus, die neue Perowskit-Zelle. Prof. Ballif verspricht, sie habe ein bemerkenswer- tes Potenzial für weitere Effizienzsteigerungen. 36 MEYER BURGER Magazin 01/2022 30- bis 100-mal effizienter ist als bei- spielsweise Biomasse. Wir können auch ungewöhnliche Flächen nutzen: auf Park- plätzen, Mähmaschinen, über Strassen, auf Äckern oder Seen. Auf europäischer Ebene ergänzen sich Wind- und Solar- energie hervorragend, so besteht ein gu- tes Gleichgewicht über das Jahr hinweg. Wie kann Solarstrom in grossem Mass- stab gespeichert werden? Um ihn für ein paar Stunden oder Tage zu speichern, werden Batterien eine immer wichtigere Rolle spielen. Stationäre Batte- rien zuhause oder im Netz oder Batterien im Auto werden es uns ermöglichen, das Netz stabil zu betreiben. In der Schweiz können wir ausserdem auf Wasserkra für die saisonale Speicherung und auf Pump- speicherkrawerke für die kurzfristige Speicherung zurückgreifen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, unterirdische Speicher oder Wassertanks im Sommer zu beheizen und die Wärme im Winter zu nutzen. Das funktioniert bei grossen Ge- bäuden, aber auch bei kleinen mit einer reversiblen Erdwärmepumpe. Schliesslich wird die Wasserstofferzeugung aus saube- rer Energie eine immer grössere Rolle spielen. Neben den klassischen Modulen werden auch Solardachziegel entwickelt – welche weiteren kommerziellen Anwendungen sehen Sie? Alle Gebäude müssen energieeffizient oder – noch besser – selbst zu einer Ener- giequelle werden. Für Fassaden gibt es jetzt weisse Paneele oder Terrakotta-ähnli- che Paneele fürs Dach. Dank der «transfor- mativen» PV-Bauelemente, bei denen die Solarzellen durch eine farbgebende Folie verdeckt werden, wie es sie jetzt schon gibt, sind im Prinzip keine Grenzen mehr ge- setzt. Es gibt wunderbare neue Möglich- keiten, sogar Solarzellen als Kunstwerk! Wo können die Module sonst noch integriert werden? Auf mobilen Geräten wie Autos, Lastwagen, Drohnen, Flugzeuge, Uhren… es werden noch viel mehr Anwendungen kommen. ◄